Rund um den Skisport

Frühjahrsschnee in den Skigebieten

Es gibt Superhelden, die einen Umhang tragen und andere, die nachts auf bis zu 530 PS-starken Maschinen für allzeit bestens präparierte Pisten sorgen. Raupenfahrer in Skigebieten stellen bei Wind und Wetter sicher, dass die Schneedecke für den Skibetrieb optimal ist. Auch jetzt bei warmen Frühjahrstemperaturen und feuchterem Schnee. Wir sprachen mit Karl Dirnhofer, dem Betriebsleiter im Skigebiet Garmisch-Classic, über die besonderen Herausforderungen im Arbeitsalltag eines Raupenfahrers.

DSV aktiv: Die Temperaturen werden deutlich wärmer, auch in den Skigebieten. Was ist bezüglich der Präparierung das Besondere am Frühjahrsschnee?
Karl Dirnhofer: „Das Besondere ist natürlich die Konsistenz des Schnees. Der Frühjahrsschnee weicht stark vom Schnee ab, der bei Minustemperaturen herrscht. Durch die Wärme ist der Schnee ‚weicher‘, also wässriger. Es drückt ihn beim Raupenfahren an der Kette des Fahrzeugs heraus. Ein ähnliches Gefühl, wie wenn man durch Sand läuft. Die Anforderungen an den Raupenfahrer sind hoch: Er muss langsamer fahren, mit dem Pflug mehr Unebenheiten glätten und die Fräse hinten am Fahrzeug speziell auf diese Schneebedingungen einstellen. Außerdem muss er die Fahrtroute ganz genau auswählen. Wenn richtige ‚Schneebälle‘ aus der Kette gedrückt werden, können sie über die Piste kullern und Hindernisse bilden. Die Spur des Fahrzeugs muss also so gewählt werden, dass diese Schneehaufen bei der nächsten Spur wieder ausgeglichen werden können.“

DSV aktiv: Wie genau kann auf die unterschiedlichen Schnee- und Wetterbedingungen eingegangen werden?
Karl Dirnhofer: „Wir müssen den Wetterbericht jeden Tag ganz genau beobachten. Jetzt im Frühjahr ist Schneefall eher unwahrscheinlich. Im Gegenteil wird die Schneedecke bei diesen Temperaturen täglich dünner. Der Raupenfahrer muss also genau wissen, wie tief er den Pflug einstellen kann. Denn er sollte keinesfalls in die Erde kommen. Im Skigebiet Garmisch-Classic nutzen wir das GPS-basierte Schneehöhen-Messsystem ‚SNOWsat‘ von Kässbohrer, das dem Fahrer immer anzeigt, wie viel Schnee er noch unter sich hat. Er weiß somit genau, an welchen Stellen er besonders aufpassen muss. Das erleichtert dem Fahrer die Arbeit um einiges.“

DSV aktiv: Wie läuft die Präparierung generell ab?
Karl Dirnhofer: „Gleich nach dem Betriebsschluss der Bahnen geht’s los. Jeder Fahrer kriegt einen bestimmten Streckenabschnitt zugewiesen, für den er verantwortlich ist. Bei der Einteilung kommt es auf die Witterung und auf das jeweilige Fahrzeug an. Windenraupen etwa brauchen an der Piste eine Vorrichtung, an der man das Windenseil anhängen kann. In flachen Bereichen gibt es aber keine solchen Anker. Dort brauche ich zwei Raupen: eine, die die Präparierung übernimmt und eine, die nur steht und das erste Fahrzeug hält. Dann dauert’s natürlich lange. Die Schneebedingungen haben auch großen Einfluss: Vor vier Wochen, als der Schnee durch den starken Regen total nass war, mussten die Fahrzeuge extrem langsam fahren. Denn je schneller man bei nassem Schnee unterwegs ist, desto schlechter kann die Fräse arbeiten. Es gibt Nächte, da sind wir bis zwei, drei Uhr in der Früh unterwegs.“

DSV aktiv: Wie viele Pistenraupen-Fahrer sind täglich im Skigebiet im Einsatz?
Karl Dirnhofer: „Wir fahren im Skigebiet Garmisch-Classic jede Nacht mit elf Fahrzeugen. Insgesamt haben wir 26 Mitarbeiter, die die Schichten untereinander aufteilen. Es gibt einen Dienstplan für den gesamten Winter, in dem genau festgehalten wird, wer wann im Einsatz ist. Es gibt ja auch noch einige andere Arbeiten neben der Pistenpräparierung in der Nacht.“

DSV aktiv: Welche Arbeiten sind das? Fallen diese auch tagsüber an?
Karl Dirnhofer: „Wir betreuen etwa auch die Rennstrecken an der Kandahar und montieren die Sicherheitsnetze. Außerdem muss alles, was auf der Piste rumsteht, jede Nacht weggeräumt werden, damit die Fläche präpariert werden kann – Polster an den Schneekanonen, an den Liftanlagen, „Slow“-Schilder, Pistenmarkierungen und und und. Am nächsten Tag vor dem Liftbetrieb muss alles wieder vorschriftsgemäß angebracht werden. Jeden Tag sind unsere Leute mit der Bohrmaschine in der Hand auf den Pisten unterwegs, um Schilder und Stangen in der harten Piste zu befestigen. Das alles läuft im Hintergrund ab, bevor oder nachdem die Skifahrer im Skigebiet sind.“

DSV aktiv: Ende April schließen auch die meisten höher gelegenen Skigebiete: Was machen die Raupenfahrer denn im Sommer?
Karl Dirnhofer: „Einige haben im Sommer andere feste Jobs, arbeiten im Forstamt oder bewirtschaften eine Alm. Zu unserem Team gehören aber auch einige Festangestellte, die das ganze Jahr beschäftigt sind. Sie machen das Skigebiet im Herbst startklar für den Betrieb und bauen es im Frühjahr wieder ab. Das ist unglaublich zeitaufwendig. Nehmen wir etwa die Kandahar: Da stehen auf einer Strecke von drei Kilometern Sicherheitsnetze, je Piste. Die müssen im Sommer für den Wildwechsel entfernt werden, das ist eine Auflage vom Naturschutz und der Behörde. Die Pisten im oberen Bereich werden beweidet, die unteren nicht. Sie müssen von uns gepflegt und gemäht werden. Dazu kommen die Revisionsarbeiten: 200 Schneekanonen, alle Skidoos, Quads, Pistenraupen und Liftanlagen müssen gereinigt und gewartet werden. Teilweise werden sie dafür bis aufs Kleinste zerlegt. Allein wenn man in eine Raupengarage reinschaut, sieht man, was alles nötig ist, um einen sicheren Skibetrieb zu ermöglichen.“

DSV aktiv: Zum Schluss ein Winter-Resümee: Liegt ihnen zum Ende der Saison eine Sache besonders am Herzen?
Karl Dirnhofer: „Die Pistenpräparierung ist das Kernstück unserer Arbeit. Die optimale Qualität der Pisten ist unser aller Anliegen. Wenn die Bergbahn um 8:30 Uhr die ersten Skifahrer ausspuckt, sind das sozusagen unsere Testfahrer. Sie haben entweder eine super Piste oder leider eine, die in der Nacht darunter gelitten hat, dass die erste Spur im frisch präparierten Schnee bereits gezogen wurde, etwa durch Skitourengeher. Nachts friert die Spur fest und die ersten Skifahrer kommen auf eine durchfurchte Piste. Das ist nicht nur für den Gast, der für die Nutzung unserer Anlagen Geld bezahlt, sehr ärgerlich. Auch für den Raupenfahrer ist das ein Stich ins Herz. Es muss ausschauen wie gebügelt. Daran werden wir gemessen. Trotzdem sind auch Skitourengeher natürlich willkommen: Wir bieten zweimal wöchentlich Tourenabende an und präparieren eine eigene Aufstiegsspur.“
Herr Dirnhofer, vielen Dank für das Gespräch!

 

Bildquelle: Obergurgl

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